Die Deutschen. Ihnen sind ihre Regeln heilig. Zumindest dann, wenn der andere gegen eine Regel verstößt – hach, was macht das jedes Mal Spaß, dem Nachbarn mit dem Anwalt oder dem Gang zum Gericht zu drohen! Stichwort: Maschen-Draht-Zaun. Die Welt macht sich über uns lustig, wenn wir nachts um drei Uhr an einer roten Fußgängerampel auf grün warten. Man erkennt uns, die teutonische Herrenrasse, derzeit im Ausland auch daran, dass wir unsere Maulkörbe auch dann artig tragen, wenn wir es gar nicht müssten. Die Tatsache, dass die Mehrheit derzeit (noch) hinter den ganzen schwachsinnigen „Maßnahmen“ steht, könnte auch damit zu tun haben, dass Unmündigkeit halt einfach verdammt bequem ist. Die Politiker bestimmen, was Sache ist – und man hält sich einfach dran. Führer, befiehl – wir folgen dir.
Nun könnte man kritisch anmerken, dass wir – und vor allem unsere Nachbarn – mit diesem Prinzip, die Verantwortung für das eigene Handeln, an andere abzugeben, in der Vergangenheit jetzt nicht gerade die allerbesten Erfahrungen gemacht hätten. Aber was soll schon groß schiefgehen? Solange da draußen auf den Straßen keine stereotypen Nazis in braunen Uniformen im Stechschritt herummarschieren, kann es in Deutschland ja sowas wie „Faschismus“ gar nicht geben, oder? Ich bedaure es gerade in diesen Wochen und Monaten, dass ich es bis heute immer noch nicht geschafft habe, Hannah Arendts Buch „Eichmann in Jerusalem – Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ zu lesen. Im Deutschland des Jahres 2020 haben Eichmänner wieder Hochkonjunktur.
Soziologen treffen Beamtenanwärter
Während meiner drei Jahre als Anwärter für die „gehobene Laufbahn in der Finanzverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz“ kam es im Grundstudium 2 zu einer realsatirischen Veranstaltung, in der zwei Welten aufeinandertrafen. Auf der einen Seite eine Gruppe junger Soziologen, die mit einem auch durch Videobeiträge unterstützten Vortrag über die ersten 21 Artikel des Grundgesetzes durch das Land zogen – und auf der anderen Seite eine Herde von funktionalistischen, fachidiotischen Paragraphen-Robotern, denen man durch die absolut zusammenhanglose Paragraphen-Auswendiglernerei inzwischen jeden Rest an eigener Meinung und Verantwortung für das eigene Handeln erfolgreich aberzogen hatte. Eine der Kandidatinnen auf den Titel der Jahrgangsbesten antwortete auf die Frage, ob sie hier (anlässlich eines Videos) irgendwelche eingeschränkten oder betroffenen Grundrechte erkennen könne, sinngemäß:
Uns als Beamten stehe es nicht zu, darüber zu entscheiden, ob etwas grundgesetzwidrig ist oder nicht. Das sei einzig und allein die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Wir haben stets die Auffassung des Dienstherren zu vertreten.
Zu ihrer Verteidigung sei gesagt, dass in diesem „Studium“ das Beamtenrecht an sich nahezu überhaupt keine Rolle spielte. Dafür war ja keine Zeit – wir mussten ja als eierlegende Wollmilchsäue mit Unmengen an fachspezifischem, prüfungsrelevantem Stoff gemästet werden – da ist halt kein Platz für Reflexion. So hörten wir in den drei Jahren auch nie etwas über den Begriff der Remonstration gemäß § 36 (2) BeamtStG.
Die jungen Soziologen verzweifelten förmlich an der völlig jeglicher eigenen Meinung im Hinblick auf das Thema Grundrechte beraubten Masse, die da vor ihnen saß. Wenigstens einer meiner Kommilitonen merkte an, dass es letztlich ja auch Beamte waren, die damals zur Zeit des Nationalsozialismus einfach nur „ihre Arbeit“ getan und „Befehle befolgt“ hätten; unter anderem eben auch die Finanzbeamten, als es darum ging, Juden und andere Minderheiten zu enteignen. Mit dem bekannten, finalen Ergebnis.
In der nächsten Stunde im Fach Staatsrecht meinte unser Dozent dann auch, dass diese Veranstaltung eine einmalige Sache gewesen sein würde. Die Soziologen galten mehr oder weniger als „Unruhestifter“, die die braven Jungbeamten hier quasi dazu „aufwiegelten“, das eigene Handeln im Finanzamt (immerhin eine bedeutende Eingriffsverwaltung) im Hinblick auf die Grundrechte zu hinterfragen.
Das (vor dem Hauptstudium endende) Fach Staatsrecht war übrigens genau deshalb bei den Studenten auch mit das Unbeliebteste. Denn hier musste man tatsächlich – wenn auch nur in einem lächerlich geringen Ausmaß – im Hinblick auf die Grundrechte selber argumentieren. Man hatte keine „höhere Instanz“, auf die man hätte verweisen können, um den Klausurpunkt zu erhalten. Es gab nicht die eine richtige Lösung. Die in allen anderen Fächern aus einem Zitat auf ein Gesetz, eine Richtlinie oder einen Erlass bestand.
Tolle Sache – die Verantwortung immer weiterreichen zu können.
Wer nicht fragt, bleibt dumm
Wir wissen seit Monaten, dass der Kaiser nackt ist. Doch leider möchten die obrigkeitshörigen Massen – und das ist die Tragik – dem mutigen Kind einfach keinen Glauben schenken. Im Gegensatz zum Märchen werden diese ungezogenen, vorlauten, verschwörungstheoretischen Kinder von den Erwachsenen grün und blau geprügelt. Wagen es diese Blagen doch tatsächlich, unseren großartigen, allein unser Wohlergehen im Sinn habenden Kaiser bloßzustellen! Was soll denn aus uns werden, wenn wir uns wegen unseres heldenhaften, solidarischen Tragens einer „Mund- und Nasenbedeckung“ in den „sozialen Netzwerken“ und in der Öffentlichkeit nicht mehr ständig einen von der Palme schütteln können?
Kinder sind ja lästig. Sie stellen – ob ihrer Unschuld und systemischer Unverdorbenheit – oftmals die richtigen, elementaren Fragen, auf die die in einer Welt der Selbstentfremdung und Angepasstheit lebenden Erwachsenen oft keine Antworten haben. Diese Fragen tun weh. Weil sie den eigenen Selbstbetrug offenbaren. Weil Kindermund Wahrheit kundtut.
Wie eben auch die Fragen nach der Sinnhaftigkeit sämtlicher „Corona“-Maßnahmen, insbesondere des Maulkorbzwangs, an dem die Politik starrsinnig festhält. Hysteriker, Regierung und Medien fallen – wie Eltern – sehr schnell in autoritäre, schwarze Erziehungsmuster zurück. Sie verbieten der frechen, deren Autorität infrage stellenden Göre einfach den Mund – und möchten sie ohne Abendessen ins Bett schicken.
Weil ich das sage!
Ein Paradebeispiel lieferte vor einiger Zeit ein Tweet der BVG – der Berliner Verkehrsbetriebe. So einen Ton würde ich vielleicht von den Verkehrsbetrieben in Pjöngjang erwarten – aber doch nicht von denen aus Berlin?
Genau auf diesem autoritären „Weil-ich-das-sage!“-Niveau verharrt seit Monaten die „Debatte“ – wenn man das aufgrund der allgegenwärtigen Zensur und Agitation überhaupt so nennen kann. Gerade im Hinblick auf die teils absurden, sich in vielen Bundesländern widersprechenden Regelungen offenbart sich ja eigentlich für jeden, der 2 + 2 zusammenzählen kann, wie irr- und blödsinnig dieser ganze Schwachsinn ist. Bevor man ins Restaurant geht, muss man einen Sabberlappen aufsetzen. Am Tisch darf man ihn abnehmen. Wenn man aufs Klo geht, muss man ihn aufsetzen. Wenn man zurück am Tisch ist, darf man ihn wieder abnehmen. Wenn man rausgeht, muss man den Maulkorb wieder anlegen. Ich weiß – das tut weh. Im tiefsten Inneren verachtet man sich – als halbwegs intelligenter Mensch – dafür, diesen Blödsinn mitzumachen.
Aber: Zum Glück hat unsere sich (neuerdings) um unsere Gesundheit sorgende Regierung ja Regeln (in Form verfassungswidriger, undemokratischer Verordnungen) erlassen. Diese – bußgeldbewährten – Regeln entbinden uns von unserer Verantwortung. Wir haben nun DIE Ausrede, um mitlaufen zu können. Es kotzt uns natürlich im tiefsten Innern trotzdem an.
Wenn uns jetzt dann Leute über den Weg laufen – wie z. B. ein 37-jähriger Mann in Germersheim – die sich erdreisten, diesen totalen Schwachsinn infrage zu stellen, indem sie sich dem Mummenschanz beim Einkaufen verweigern, wird darüber auch nicht diskutiert – schließlich ist eine Regel eine Regel. Und wenn wir uns (widerwillig) zum Affen machen, dann haben das alle anderen auch zu tun. Und das wird dann auch final bis zum Äußersten getrieben; man landet dann gefesselt und getasert im Knast. Noch einmal: das einzige „Verbrechen“, das der Mann begangen hat war, beim Einkaufen nicht wie ein devoter Lemming einen Maulkorb zu tragen. Immerhin: Einige Menschen sollen sich mit ihm solidarisiert haben – was die Polizei dann wohl erst recht als Anlass genommen hat, so richtig zu eskalieren.
Nachtrag (6. Juli, 23:00 Uhr): Wer wissen möchte, von wem derartige Hexenjagden auf die neuen „Asozialen“ angezettelt und angefacht werden: Beispielsweise von sogenannten „Journalisten“, die beim Spiegel arbeiten. Also der Postille, die von Bill Gates mit 2,3 Mio Euro geschmiert wurde. Das ist für mich nichts anderes als faschistische Volksverhetzung.
Nun, eine meiner wichtigsten Regeln lautet:
Diskutiere nicht mit Idioten. Sie ziehen dich runter auf ihr Niveau – und schlagen dich dort mit Erfahrung.
Auch um derartigen, sinnfreien Diskussionen mit unterbelichteten und übermotivierten Supermarktangestellten oder lohngedumpten Security-Typen komplett aus dem Weg zu gehen, war ich seit Ende April eben in keinem deutschen Supermarkt mehr einkaufen. Das führt zu nichts; höchstens final zu dauerhaften Hausverboten. Ich bin mir sicher, dass man selbst mit geschulten Marktleitern über dieses Thema nicht sachlich diskutieren kann. Als der Schwachsinn eingeführt wurde, habe ich übrigens mehrere e-mails an diverse Lebensmittelunternehmen versandt – ohne bislang auch nur eine einzige Antwort erhalten zu haben.
Man muss es ja weiterhin unbedingt vermeiden, dass über die offenkundige Unsinnigkeit vieler Maßnahmen überhaupt öffentlich diskutiert wird. Man darf einfach nicht auf den mitten im Raum stehenden rosa Elefanten hinweisen. Wie gut, dass es auch keine sachlichen Argumente braucht, wenn man darauf verweisen kann, dass es nun einmal „Vorschrift“ sei.
»Das ist gegen die Regeln«, sage ich. »Die hat sich doch nur jemand ausgedacht«, sagt das Känguru.
Regelfetischismus
Disclaimer: Mir ist bewusst dass meine Kiffer-Beiträge 😉 zum Thema Radverkehrsrecht primär auf „Fachfremde“ den ersten, falschen Eindruck erwecken können, dass es auch mir um stupide Regeleinhaltung ginge. Das ist nicht so; das Recht ist lediglich ein Mittel, welches mir in meinem verkehrspolitischen Kampf hilft. Ich habe an unzähligen Stellen im Blog immer wieder angemerkt, dass ich – als rennradfahrender Lametta- und Radwegebenutzungspflichten-Verweigerer – ein genereller Freund zivilen Ungehorsams bin und Regeln meines Erachtens ständig hinterfragt werden sollen – und müssen.
Allerdings gibt es auch in der radverkehrspolitischen Szene eine starke Fixierung auf Regeleinhaltung. Viele Radfahrer haben offenbar nix anderes zu tun, als den ganzen Tag auf zugeparkten Radwegen anzuhalten und Leute anzuzeigen. Kann man machen, ist aber halt auch nur eine logische Konsequenz (von Radwegen), die man bemüht ausblendet. Es gibt sogar einige, die es mir wegen meiner Weigerung, an mein Rennrad achtundrölfzisch Reflektoren und eine Klingel zu montieren, vorwerfen, mir würde deshalb jegliche Legitimation fehlen, das Fehlverhalten anderer zu bemängeln. Auch wenn es m. E. bei diesen Regelverstößen stets bedeutende „qualitative“ Unterschiede gibt.
Eigenverantwortung?
Als jemand, der hauptsächlich in den Jahren des wütenden neoliberalen Sozialabbaus politisiert wurde, frage ich mich in den letzten Wochen auch vermehrt, was eigentlich aus einem der tragenden Grundpfeiler der neoliberalen Ideologie wurde? Als insbesondere im Zuge der „Agenda 2010“ von SPD und Grünen auch die gesetzliche Rentenversicherung sturmreif geschossen wurde, war ständig von „Eigenverantwortung“ die Rede. Der Staat könne – wegen des „demographischen Wandels“ (einer „Kurve„, vor der sich die Leute lange Zeit ähnlich gruselten, wie derzeit vor jener der „Neuinfektionen“) – keine den Lebensstandard garantierende gesetzliche Rente mehr bieten. Vielmehr müssten die Menschen Eigenverantwortung zeigen – und privat für das Alter vorsorgen. Was aus der „Riester-“ und „Rürupp-Rente“ wurde – darüber brauche ich heute kein Wort verlieren. Auch nicht darüber, dass dieses unterbelichtete Volk, welches sich derzeit vor einem Todesvirus immer noch die Hosen einscheißt, die Rente mit 67 völlig widerstandslos akzeptiert hat.
Nun – warum hat die „Eigenverantwortung“ derzeit Pause? Warum überlässt man es nicht wie in zahlreichen Ländern Europas den Menschen selbst, ob sie sich beim Einkaufen oder in der Öffentlichkeit einen Wischmopp vors Gesicht hängen wollen? Wo ist hier die über Jahre gepriesene „Eigenverantwortung“ (die ja nix anderes bedeutete, als Abbau von Sozialleistungen) plötzlich geblieben? Warum werden wir seit März bevormundet wie absolut unmündige Kleinkinder? Wegen eines Virus? Dass ich nicht lache!
Aber so ist das halt. Wer sich schon sei ganzes Leben wie ein Aal opportunistisch durchs Leben geschlängelt und vor den Obrigkeiten stets devot den Buckel gemacht hat, der hat auch keine Probleme damit, sich (wenn das so weitergeht, für die kommenden Jahre) vorschreiben zu lassen, auch beim Gang aufs Scheißhaus in der Kneipe oder im Restaurant einen Maulkorb zu tragen.
So kann man natürlich auch durchs Leben schreiten. Dann hat man aber auch nicht viel mehr Rückgrat, als eine Schnecke. Mir wäre das zu langweilig. Ich nerve lieber. Indem ich anhand lästiger Fragen die Widersprüche der Obrigkeiten offenlege.
Siehe auch
- Die! Maske! Bleibt! Auf! – Wie der Mainstream „Maskenverweigerer“ denunziert bei RT Deutsch.
Aktuelle Empfehlungen
- ACU – AUSSERPARLAMENTARISCHER CORONA UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS – Pressekonferenz Livestream.
- ? Rufmord? oder sogar mehr? – der brisante und umstrittene Fall des Stefan Homburg (Dave Brych).
- Coronastory 1: Rebellen und Visionäre – Macht der Test die Pandemie? Punkt.Preradovic.
- Aggi Dunkel: Bin traurig: Weil ich an die Öffentlichkeit ging, um für das Besuchsrecht bei meiner Mutter im Heim zu kämpfen, klagt jetzt meine Schwester gegen mich: Will mir die Vorsorgevollmacht entziehen lassen. Wie ist so was möglich? Ich kümmer mich seit über 6 Jahren.? #coronafehlalarm
- Wir lassen uns das nicht gefallen | Bodo Schiffmann Rede in Ulm | GD.TV.
- Wir werden die Maskenpflicht an den Schulen beseitigen | Markus Haintz – Rede in Ulm | GD.TV.
- LIVE OPEN MIC – Q&A mit Samuel Eckert. Unter anderem mit einer großartigen Stellungnahme zum Thema Maske – er verweigert sie konsequent!
- Corona Untersuchungsausschuss? Nicht in den Massenmedien! Deframing bei NuoViso.TV.
- Paragraph 7 Völkerstrafgesetzbuch.
- Das Wunder von Gütersloh – Schlagartig 1000 Menschen geheilt | Bodo Schiffmann.
- Knebelungen statt Lockerungen – die Errichtung der Willkürherrschaft | Von Ernst Wolff bei KenFM.
Wiedermal, wie meist (z.B. https://www.ds-pektiven.de/?p=8412), sehr trefflich, strukturiert und gut lesbar geschrieben, echt beneidenswert deine Begabung.
Wenn du auch so gute Reden schreibst, trage ich diese gerne vor Publikum vor! 🙂
Oder ich empfehle dich, falls Bürgerkandidaten/Bürgerkandidatinnen 2021 erfolgreich sein sollten, damit sie ordentliche Reden im Bundestag halten können.
Das langsame Erwachen in Sachen Corona zwingt immer mehr Menschen sich ihrer kognitiven Dissonanz zu stellen. Leider gehen sie den bequemsten Weg, mit der Schutzbehauptung „damit rette ich evtl. irgendwo/irgendwann (ein) Menschenleben“, anstatt sich fundiert über die Virusgefahr und die Auswirkungen der Maßnahmen in allen Facetten zu informieren und anschließend sich im Antlitz der Verhältnismaßigkeit ein gescheites Urteil zu bilden.
Danke. Liest man gerne. 🙂 Ob ich gute Reden – und dann auch noch für andere – schreiben kann? Keine Ahnung, vielleicht. Ich selber halte nicht gerne Reden. Wobei ich inzwischen hier sogar eine Demo veranstalten würde. Wenn ich offenkundig nicht wirklich der einzige Pirmasenser / Südwestpfälzer wäre, der ein nennenswertes Problem mit der Corona-Diktatur hat. 🙁
Lieber Dennis, ich würde empfehlen zuerst „Eichmann vor Jerusalem“ von Bettina Stangneth zu lesen, die ziemlich energisch den Mythos der angeblichen „Banalität des Bösen“ von Eichmann widerlegt. Sehr akribisch recherchiert und aus Quellen schöpfend, die Ahrendt seinerzeit noch nicht zur Verfügung hatte. Eichmann war demnach weder banal noch der brave Befehlsempfänger, sondern kalt, grausam, lustvoll böse und das war er auch als untergetauchter Nazi noch ganz genau so, wo sie jeden seiner weiteren Schritte unter die Lupe genommen hat. https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-15930. Leider habe ich dabei auch den Namen des angeblich vermissten Ehemanns der besten Freundin meiner Mutter wiedergefunden und konnte nicht umhin, mir sagen zu müssen: So vermisst war er gar nicht, sondern mithilfe der Kirche mit Eichmann in Argentinien untergetaucht und nun war auch klar, warum einer seiner Söhne sein Leben den Opfern gewidmet hat und sich hat adoptieren lassen, aber als Mittvierziger dann doch an Krebs gestorben ist. Der andere aber Karriere gemacht hat und auch als hochangesehener Bürger unwidersprochen auf seinem ledernen Geldbeutel einen SS-Totenkopf in Form einer Silberplakette zur Schau tragen konnte – ohne dass das jemals Anstoß erregt hätte. War ja nur ein Souvenier, zudem war nicht jedem klar, was es bedeutet hat. Im Rückblick kann es nur daher rühren, dass der Kontakt zum Vater nie abgerissen war.
Diese zwei Söhne sind wir: Das abgrundtief Böse gibt es auch heute und es ist klar erkennbar. Und die, die sich für alle anderen opfern gibt es auch und in der Mitte befindet sich die Mehrheit, die aber weder abgrundtief böse ist noch sich opfern will, sondern hofft irgendwie durchzukommen, das Böse ausblendet und sich von denen abwendet, die gejagt und geopfert werden, damit es sie nicht selbst erwischt.
Das macht nicht ganz so wehrlos und fassungslos wie die „Banalität des Bösen“, die uns ja suggerieren soll, dass jeder völlig normal aussehende und sich gebende Mitmensch – und damit jeder Deutsche – letztlich zu einem Massenmörder mutieren könnte, der uns nicht nur jederzeit ans Messer liefert, sondern höchstselbst die Daumenschrauben enger ziehen würde, wobei er dann auch noch fähig wäre, Formulare auszufüllen, um die Bürokratie zu füttern.
„Vor dem Hintergrund dieser Befunde und Überlegungen richtet Stangneth ihren Blick auf die Nachkriegszeit, insbesondere auf die Zeit von Eichmanns argentinischem „Exil“. Mit Hilfe seiner zahlreichen Selbstzeugnisse sowie den Ausführungen einer Reihe von Zeitzeugen stellt sie die These auf, dass es Eichmann nicht ertragen habe, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Er habe sich nicht nur seinen Anteil am „Ruhm“ sichern wollen, sondern sei weiterhin ein überzeugter Nationalsozialist und rassistischer Antisemit gewesen, der an den (Wahn-)Ideen des „Blutes“ und des Rassenkrieges festgehalten habe. Diese Kombination habe dazu geführt, dass er sich im Kreise der in Argentinien versammelten Ewiggestrigen darin gefiel, über seine wichtige Rolle bei der Umsetzung der „Endlösung“ sehr offen und nahezu unverblümt zu reden.
Das Schlüsseldokument zur Absicherung dieser These – wie auch für das gesamte Buch – ist neben den Aufzeichnungen, die Eichmann in Argentinien selber angefertigt hat, vor allem das „Sassen-Interview“, das Stangneth einer ausführlichen Analyse und Neubewertung unterzieht“. Josi
Und ja, ich finde schon lange, dass Du jederzeit alles erreichen könntest und sicherlich nie mehr aufhören wirst zu schreiben und selbständig zu denken.
Mit Corona ist mir die Vermengung von Regel und Vorschrift aufgefallen, die man doch unterscheiden muß. Eine Regel wird von den sie Betreffenden aufgestellt, die Mehrheit findet sie gut, oder aus allgemeiner Erfahrung heraus gebildet. Hier jedoch geht es um Vorschriften, welche ohne Beteiligung der Betroffenen erlassen werden.
Bei „Ihnen sind ihre Regeln heilig.“ würde man, gesagt über Indianer oder so, anerkennend nicken, ehrenhaftes Volk. Ganz anders ‚Ihnen sind ihre Vorschriften heilig.‛, wie die Faust auf deutsche Augen passend.